Leitsätze:
1. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche beginnt ohne Abnahme grundsätzlich nicht. Sie kann beginnen, wenn Umstände gegeben sind, nach denen eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr in Betracht kommt. Dies ist beim Vollarchitekturvertrag nicht automatisch dann der Fall, wenn seit Fertigstellung des Bauwerks 10 Jahre verstrichen sind.
2. Ohne eine Abnahme kann die Verjährungsfrist ausnahmsweise zu laufen beginnen, wenn feststeht, dass Leistungen der Leistungsphase 9 nach § 15 HOAI 1996 oder sonstige Erfüllungsleistungen aus dem Architektenvertrag nicht mehr zu erbringen sind. Das darzulegen, obliegt dem Architekten.
Leitsätze:
1. Gehört die "gesamte prüfbare Planung" zum Leistungsumfang des Auftragnehmers, bedeutet "prüfbar" in Bezug auf die Anforderungen der Tragwerksplanung, dass der zuständige Prüfingenieur die Statik als unbedenklich erachtet.
2. Zu den Anforderungen an eine "prüfbar" Planung gehört es, dass dem zuständigen Prüfingenieur die für die Prüfung der Tragwerksplanung erforderlichen Unterlagen und Nachweise vollständig und so rechtzeitig vorgelegt werden, dass diesem ausreichend Zeit zur Wahrnehmung seiner Prüfungsaufgaben zur Verfügung steht.
3. Der Auftragnehmer ist nicht berechtigt, für eine dem Grunde nach beauftragte erforderliche Leistung eine (höhere) Sicherheitsleistung nach § 648a BGB zu verlangen, wenn eine neue Preisvereinbarung hierüber noch nicht getroffen wurde.
Leitsätze:
1. Die Kosten der notwendigen Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Ermittlung von Mangel und Mangelbeseitigungsmaßnahme sind ersatzfähiger Mangelfolgeschaden des Bestellers.
2. Die Tätigkeit des Architekten im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme des Bestellers gehört zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI (a.F.). Es handelt sich in der Regel nicht um eine besondere und deshalb gesondert zu vergütende Leistung des Architekten.
Leitsätze:
1. Bei Werkverträgen im Baubereich sind an eine Kostengarantie (insbesondere eines Architekten bzw. Bauträgers) strenge Anforderungen zu stellen.
2. Für die Annahme einer Bausummengarantie muss erkennbar sein, dass der Architekt bzw. Bauträger sich persönlich verpflichten wollte, für sämtliche, den angegebenen Betrag der Baukosten übersteigende Mehrkosten ohne Verschulden einzustehen. Insbesondere die bloße Zusicherung einer Baukostensumme reicht dafür regelmäßig nicht aus.
3. Nicht im vorstehenden Sinne einer Garantieerklärung/-übernahme vereinbarte Kostenrahmen bzw. Vereinbarungen zu einer Kostenobergrenze (Limit) stellen sich im Baubereich (insbesondere im Architektenrecht) regelmäßig als Beschaffenheitsvereinbarungen im Rahmen des Gewährleistungs- bzw. Haftungsrechts dar.
4. Solche Vereinbarungen beziehen sich regelmäßig allein auf durch den Architekten und dessen vertragliche Leistungen zu planende, steuernde und kontrollierende Kostenpositionen, nicht hingegen auf Eigenleistungen der Bauherrin.
5. Für die Annahme des Abschlusses eines selbständigen Beratungsvertrages (insbesondere im Rahmen einer Finanzierungsberatung durch einen Bauträger) ist kein Raum, wenn der Bauträger der Bauherrin zu seiner - eigentlich internen und vertraulichen - Schätzung der Kosten der Eigenleistungen der Bauherrin ausdrücklich erklärt, hierfür mangels Überschaubarkeit dieser Eigenleistungen keine Gewähr übernehmen zu können.
Leitsätze:
1. Ein Ausnahmefall, der zu einer Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI berechtigt (HOAI 1996 § 4 Abs. 2 = HOAI 2009/2013 § 7 Abs. 3), kann nur durch eine besonders enge Beziehung zwischen den Parteien oder sonstige besondere Umstände begründet werden. Nicht ausreichend ist es, wenn sich im Laufe einer geschäftlichen Zusammenarbeit Umgangsformen entwickeln, die als freundschaftlich zu bezeichnen sind.
2. Eine spätere - auch mündliche - Abänderung einer getroffenen Honorarvereinbarung kommt erst wieder nach Beendigung der Architektentätigkeit in Betracht.
3. Ein Vorbehaltsurteil darf grundsätzlich nicht erlassen werden, wenn damit eine Werklohnforderung zugesprochen wird und zur Aufrechnung gestellte Ansprüche auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten oder der Fertigstellungsmehrkosten dem Nachverfahren vorbehalten werden.
4. Stellt der Bauherr gegen den klagenden Architekten Schadensersatzforderung wegen im Bauwerk verkörperter Mängel der Planung oder der Bauaufsicht zur Aufrechnung, haftet der Architekt von vorneherein nur auf Schadensersatz. In solchen Fällen ist ein Vorbehaltsurteil zulässig und sachgerecht.
Leitsätze:
1. Der Architekt schuldet eine mangelfreie, funktionstaugliche Planung, die neben den Bodenverhältnissen auch die Grundwasserstände berücksichtigt.
2. Er hat seine Planung nach den höchsten bekannten Grundwasserständen auszurichten, auch wenn diese seit Jahren nicht mehr erreicht worden sind. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn der Architekt darlegt und beweist, dass ein Wiederansteigen des Grundwassers auf frühere Werte ausgeschlossen ist.
3. Der Architekt hat dem Statiker die für dessen Berechnung erforderlichen Angaben zu den Grundwasserverhältnissen zur Verfügung zu stellen. Der Architekt hat die ihm übergegebene Statik im Rahmen seiner Fachkenntnisse darauf zu überprüfen, ob seine Planungsvorgaben eingehalten und die besonderen Grundwasserverhältnisse berücksichtigt worden sind.
4. Dem Auftraggeber ist nicht gemäß §§ 254, 278 BGB ein Fehler des Statikers zuzurechnen, wenn der Architekt auf der Grundlage einer für ihn erkennbar fehlerhaften Statik plant und die Planung deshalb fehlerhaft wird. Der planende Architekt und der Statiker haften hier als Gesamtschuldner aufgrund ihrer jeweiligen Verpflichtung gegenüber dem Auftraggeber, die Grundlage für die Ausführung des Bauwerks zu schaffen.
5. Wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung noch nicht durchgeführt hat, umfasst sein Schadensersatzanspruch alle Maßnahmen, die zwingend anfallen, um die Mängel zu beseitigen. Hierzu zählen bei einer zur Mängelbeseitigung notwendigen Kellersanierung die Kosten für den Abbau der dort befindlichen Einrichtungsgegenstände.*)
6. Kosten der Hotelunterbringung für die Dauer der noch durchzuführenden Sanierung sind nicht vorab ersatzfähig, wenn nicht sicher ist, dass das Objekt während der Sanierung unbewohnbar sein wird.
Leitsätze:
1. Der Architekt kann von seinem Auftraggeber Auskunft über die Höhe der anrechenbaren Kosten verlangen, wenn er diese nicht ohne Mitwirkung des Auftraggebers ermitteln kann. Der Auftraggeber hat dem Architekten in einem solchen Fall im Rahmen des Zumutbaren sämtliche Auskünfte zu geben oder die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, die für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten erforderlich sind.
2. Sind verschiedene Gebäude betroffen und hat eine getrennte Berechnung des Architektenhonorars zu erfolgen, kann vom Auftraggeber nicht erwartet werden, dass er unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen die einzelnen Rechnungen und die darin aufgeführten Arbeiten den unterschiedlichen Auftragsteilen zuordnet. Zumutbar ist es hingegen, den Architekten in die entsprechenden Rechnungen, Angebote und Pläne Einsicht nehmen zu lassen.
3. Ein Architekten kann nicht auf das ihm gemäß HOAI zustehendes Honorar verzichten, wenn dadurch der Mindestsatz unzulässiger Weise unterschritten wird. Solange die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ist ein Vergleich über das Honorar nur im preisrechtlichen Rahmen der HOAI möglich.
4. Ein Architekt ist nur ausnahmsweise an eine unwirksame Honorarvereinbarung gebunden.
Leitsätze:
1. Eine Vermutung für die Übertragung der Vollarchitektur existiert nicht. Der Umfang der vom Architekten zu erbringenden Leistungen ergibt sich aus dem von ihm im Einzelfall konkret übernommenen Leistungsbild und den jeweiligen entsprechenden Vereinbarungen der Parteien.
2. Für einen Honoraranspruch des Architekten bedarf es des Vortrages des genauen Leistungsumfangs, für den Honorar verlangt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vertragsgegenstand hinsichtlich der "Schnittstelle" bzw. des "Leistungsbeginns" des Architekten im Vertragstext nicht in aus sich heraus verständlicher Art und Weise gefasst wurde und Planungsleistungen nicht nur vom klagenden Architekten, sondern auch durch Dritte (hier: die Architekten des Vermieters) zu erbringen waren.
3. Grundsätzlich regelt die HOAI nur die Vergütung der Architektenleistungen und nicht auch den übrigen Inhalt von Architektenverträgen. Insbesondere lässt sich dem Leistungsbild des § 33 HOAI keine unmittelbare Aussage über den Leistungsinhalt entnehmen. Zur Bestimmung des Vertragsinhalts kann die HOAI indes als Auslegungshilfe herangezogen werden.
4. Der Berufungsführer muss im Rahmen der Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. der gerichtlichen Prozessleitungspflicht bereits in der Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO) angeben, was auf einen - unterstellt - erfolgten (bzw. weitergehenden) Hinweis in der ersten Instanz hin von ihm ergänzend vorgetragen worden wäre, damit das Rechtsmittelgericht die Kausalität eines erstinstanzlichen Verfahrensfehlers prüfen kann.
5. Aus dem bloßen Tätigwerden des Architekten als solchen kann ein Vertragsschluss mit der Bauherrin mit einem entsprechenden Leistungssoll nicht ohne weiteres hergeleitet werden.*)
6. Ein konkludenter Vertragsschluss kommt nur im Einzelfall in Betracht, wenn der Bauherr die Leistungen des Architekten entgegennimmt und weitere Umstände unstreitig oder bewiesen sind, die einen rechtsgeschäftlichen Annahmewillen des Bauherrn erkennen lassen.
Leitsätze:
1. Ein mit "Vorplanungen zur Lösung der Aufgabenstellung wie Recherche zum Materialeinsatz und Untersuchung unterschiedlicher Varianten zur Zielvorstellung" beauftragter Ingenieur hat die Brauchbarkeit des in seine Planung einbezogenen Baumaterials zu überprüfen und den Auftraggeber hierüber aufzuklären bzw. zu beraten.
2. Ein Ingenieur kann von seiner Hinweispflicht entbunden sein kann, wenn der Auftraggeber Sonderfachleute eingeschaltet hat und der Ingenieur davon ausgehen darf, dass der Fachmann den Auftraggeber über sämtliche Gesichtspunkte aufgeklärt hat. Das gilt insbesondere dann, wenn zwischen dem Auftraggeber und dem Spezialunternehmen für die Lösung einer bestimmten Sonderaufgabe ein selbstständiger Beratungsvertrag geschlossen wurde.
Leitsätze:
1. Ein Architektenvertrag kann aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher Grund zur Kündigung kann in einer schweren schuldhaften Vertragsverletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar macht.
2. Es ist ein berechtigtes Interesse eines Architekten, seine Leistung effizient unter wirtschaftlicher Verwendung seiner Ressourcen zu erbringen und in diesem Zusammenhang einen unnötigen Zeitaufwand zu vermeiden. Es ist daher nicht als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen, wenn der Architekt versucht, nicht zielführende zeitraubende und ineffektive Gespräche zu vermeiden und Absprachen in strukturierten Formen zu erreichen.
3. Bloße Kommunikationsprobleme begründen keinen wichtigen Grund zur Kündigung. Insbesondere ist ein Architekt ist nicht dazu verpflichtet, sich für den Bauherrn ständig persönlich "erreichbar" zu halten.
4. Die Kündigung eines Architektenvertrags aus wichtigem Grund ist im Regelfall dahin zu verstehen, dass auch eine freie Kündigung gewollt ist (im Anschluss an BGH, IBR 2003, 595).
5. Macht der Architekt nach einer freien Kündigung das vereinbarte Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen geltend (BGB § 649 Satz 2), reicht im Hinblick auf die "anderweitige Verwendung der Arbeitskraft" die Behauptung aus, keine Füllaufträge (Ersatzaufträge) erlangt zu haben.
6. Ein Architekt muss sich nach einer freien Kündigung des Architektenvertrags zur Erlangung von Füllaufträgen nicht an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen.
Leitsatz:
Die Schadenskausalität einer Pflichtverletzung des Bauüberwachers kann entfallen, wenn der zu überwachende Unternehmer insolvent und wirtschaftlich nicht mehr in der Lage ist, Mängelrügen des Bauüberwachers abzuarbeiten.
Leitsätze:
1. Das Unterlassen einer geotechnische Untersuchung stellt einen objektiven Pflichtenverstoß gegen DIN 4020 dar, der zum Verlust des Versicherungsschutzes führen kann.
2. Kann der Architekt nachweisen, dass er in der - wenn auch irrigen - Annahme handelte, die Bodenverhältnisse zu kennen, so dass geotechnische Untersuchungen entbehrlich seien, scheidet ein bewusst pflichtwidriges Verhalten aus.