Nachtragsforderungen:Fälligkeit erst nach Fertigstellung und Abnahme der Gesamtleistung!

OLG Bamberg, Urteil vom 08.07.2015 - 3 U 189/14                                                       BGH, 02.12.2015 - VII ZR 184/15 (NZB zurückgenommen)

Leitsätze: 

 

 

1.

Steht fest, dass der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhalten wird und ist diese Vertragsverletzung von so erheblichem Gewicht, dass dem Auftraggeber eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, kann dieser den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen.

 

2.

Wird der Bauvertrag vom Auftraggeber "frei" gekündigt, kann der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

 

3.

Bei der Abrechnung eines Pauschalvertrags nach einer "freien" Kündigung darf der Auftragnehmer keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Kündigung ziehen. Die Abrechnung hat deshalb auf der Grundlage der für die Gesamtleistung vereinbarten Vergütung zu erfolgen. Der Auftraggeber schuldet eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht.

 

4.

Damit eine transparente Abrechnung gegeben ist, muss der Auftragnehmer die Arbeiten, die Gegenstand des Pauschalvertrags sind, zum Zweck der Abrechnung in einzelne Teilleistungen zergliedern und diese mit Preisen bewerten. Die Summe dieser einzelnen Teilleistungen muss die insgesamt geschuldete Leistung, die Summe der diesen einzelnen Teilleistungen zugeordneten Preise muss den Pauschalpreis ergeben.

 

5.

Die Abgrenzung zwischen dem erbrachten und dem nicht erbrachten Teil auf der Grundlage eines prozentual angegebenen Fertigstellungsgrads ist kein sachgerechter Maßstab für eine transparente Abrechnung.

 

6.

Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz dahingehend, dass der Auftraggeber stets für etwaige Mehrkosten wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen (sog. Nachträge) aufzukommen hat. Änderungs- und Zusatzleistungen sind nur dann "nachtragsfähig", wenn sie auf Anordnungen des Auftraggebers zurückzuführen sind.

 

7.

Enthält ein BGB-Bauvertrag keine Regelung über die Fälligkeit etwaiger Nachtragsforderungen, sind diese erst nach Fertigstellung und Abnahme der Gesamtleistung zu vergüten.

 

OLG Bamberg, Urteil vom 08.07.2015 - 3 U 189/14

BGH, 02.12.2015 - VII ZR 184/15 (NZB zurückgenommen)