Keine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung: Kein Schadensersatz bzw. keine Kostenerstattung!

OLG Düsseldorf: Urteil vom 18.12.2015 - 22 U 84/15 (nicht rechtskräftig)

 

Leitsätze:

 

1.

Dem Werkunternehmer steht grundsätzlich ein Recht zur Selbstvornahme der Nacherfüllung zu, woraus eine entsprechende Obliegenheit des Auftraggebers folgt, dem Werkunternehmer die Ausübung dieses Rechts auch rechtzeitig und hinreichend und hinsichtlich aller gerügten Mangelsymptome bzw. -ursachen zu ermöglichen.

 

2.

Bei der Frage nach dem Verlust des Selbstvornahmerechts durch ein in einem ersten Ortsermin erklärtes Einverständnis des Werkunternehmers mit einer Mängelbeseitigung durch eine andere Firma ist zu klären, worauf sich dieses Einverständnis konkret bezieht, zumal an die Annahme - konkludenter - Anerkenntnis- bzw. Verzichtserklärungen grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind.

 

3.

Dies gilt insbesondere, wenn sich - über eine in einem ersten Ortstermin zunächst erörterte "kleine Variante" (hier: bloße Behebung von Luftundichtigkeiten im Bereich der Drempel im 1. OG und Kontrolle durch weiteren Blower-Door-Test) hinaus - erst in einem zweiten Ortstermin stufenweise bzw. sukzessive neue Erkenntnisse zu Mangelerscheinungen bzw. -ursachen anderer Art bzw. an anderer Stelle des Objekts (hier: fehlende Wärmedämmung und Schimmelbildung im 2.OG/ Spitzboden) und damit zugleich zu Art und Umfang notwendiger Mangelbeseitigungsmaßnahmen ergeben.

 

4.

Wird eine Kostenerstattungsklage erhoben, nachdem Mängel ohne ein vorheriges Nacherfüllungsverlangen beseitigt worden sind, trifft den Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast, dass der Unternehmer auch bei einem unterstellten ordnungsgemäßen Nacherfüllungsverlangen endgültig nicht mehr bereit gewesen wäre, den Mangel zu beseitigen. Das spätere Prozessverhalten des Unternehmers entfaltet in solchen Fällen regelmäßig keine Indizwirkung, soweit es sich nach den Umständen als "prozesstaktisches Bestreiten" darstellt.

 

5.

Auch die Missachtung wesentlicher Bestandteile eines Werkauftrages berechtigt den Auftraggeber im Rahmen von § 636 BGB regelmäßig nicht ohne weiteres, auf ein (weiteres) Nacherfüllungsverlangen zu verzichten; dies gilt erst recht, wenn die Werkvertragsparteien zuvor in ständiger Geschäftsbeziehung mit einem sechststelligen Umsatz im Vorjahr gestanden haben.

 

6.

Folge der Obliegenheitsverletzung des Auftraggebers durch Missachtung des Nacherfüllungsrechts des Werkunternehmers ist der vollständige Ausschluss jeglicher Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Erstattung der Kosten der unberechtigten Ersatzvornahme.

 

OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2015 - 22 U 84/15 (nicht rechtskräftig)